Montag, 30. April 2018

220 Jahre Neuenegg - Selzenjoggi


Der Frühling 1798 hatte seine eigenen Helden ... und auch Anti-Helden.

Eine solche, skurile Figur war Jakob Rüefli, genannt Selzenjoggi. Auf diese Persönlichkeit war ich das erste Mal im Buch 'Helvetias Töchter' gestossen. Mit etwas Nachforschung habe ich dann auch weitere Berichte zu ihm gefunden.

In der Chronik von Grenchen wird ihm ein eigener Abschnitt gewidmet:


Ein Held zur falschen Stunde – aber doch ein Held!



Wer die Helden und Heldinnen zählen will, die in Grenchen daheim waren, kann dies an den Fingern einer einzigen Hand tun. Kaum ein anderer Ort der Erde verfügt über eine derart geringe Heldendichte (sofern das Wort „Held“ in seinem üblichen Sinne verwendet wird!) wie gerade Grenchen. Dieser Umstand besitzt natürlich seine durchaus positive Seite, indem die Stadtbehörden kaum einmal öffentliche Gelder zur Errichtung und zum Unterhalt von Heldendenkmälern ausgeben mussten.
Einmal allerdings hätte Grenchen fast gar einen Helden gehabt. Doch weil ihm das Schicksal einen bösen Streich gespielt hatte, wurde Jakob Rüefli, der „Selzenjoggi“ zum Prototypen des Antihelden, und sein Schicksal passt haargenau in die Geschichte Grenchens. Seinen Namen erhielt er weil er in Selzach zur Welt gekommen war.
Bereits am 6.Februar 1798 besetzten die Franzosen Biel. Am Fuss des Büttenberges errichteten die Eindringlinge ihr Lager, in dem 10'000 Infanteristen, 800 Reiter und 600 Mann leichte Artillerie nur auf den Befehl warteten, Lengnau zu erobern und über die Grenze ins Solothurnische einzudringen. Die französische Heeresleitung liess sich alle Zeit und verunsicherte die bernischen und solothurnischen Truppen mit Gerüchten, es werde ein Waffenstillstand, wenn nicht gar ein Friedensvertrag unterzeichnet. Ein solches Gerücht führte dazu, dass am 1.März den Solothurner Truppen, welche seit Tagen in höchster Alarmbereitschaft standen, erlaubt wurde, sich auszuruhen. Es scheint, dass die heranrückenden Franzosen just auf diesen Augenblick gewartet hatten und nun zum Angriff übergingen. Die Solothurner Truppen, die sich auf Grenchner Boden befanden, standen unter dem Befehl von Viktor Gibelin, der sich in Frankreich ausgezeichnet hatte. Oberhalb der Ortschaft im Bereich der Tuffgruben (das Gebiet wird heute „Holzerhütte“ genannt) war eine Schanze aufgeschichtet worden, mit der in erster Linie der Ansturm der Franzosen behindert werden sollte. Weitere solothurnische Truppen standen weiter östlich im Leberberg bereit, die fremden Soldaten aufzuhalten und zu vernichten. Die Husaren kümmerten sich jedoch wenig um die Kriegspläne der Solothurner und ihrer Verbündeten, überrannten die eilig geschichtete Barrikade, eroberten die wenigen Kanonen und drangen in Grenchen ein.
Das war die Stunde des „Selzenjoggi“.
Seit Tagen referierte er gegen die Franzosen und forderte seine Zuhörer auf, sich mutig dem fremden Pack entgegenzustellen und es zu vernichten. Eifrig bot er den solothurnischen Hauptleuten seine Dienste an, die jedoch teils verlegen, mehrheitlich aber barsch darauf verzichteten. Als nun die Not am grössten war und die Stunde der Entscheidung nahte, bewaffnete sich der „Selzenjoggi“ mit einem alten Säbel, den er weiss Gott von welchem längst vergessenen Schlachtfelde her hatte und einer fürchterlichen Muskete, schützte sich mit einem ältern Harnisch und einem Helm. So gewappnet meldete er sich zum Landsturm, den Andreas Hugi in der Eile zu organisieren versuchte. Allein, selbst im Augenblick höchster Gefahr, wollte man auf den „Selzenjoggi“ verzichten! Die Männer verliessen den Sammelplatz bei der Kirche und strebten westwärts, den Feind aufzuhalten. Mit dem „Selzenjoggi“ blieben lediglich noch die Frauen auf dem Platz versammelt. Unser Held nützte die Gunst der Stunde und schwang sich zum Anführer der Frauen auf. Er befahl ihnen, Schürzen mit grossen Taschen anzuziehen, die Taschen mit Sand zu füllen. Diesen sollten sie den Angreifenden in die Augen und den heranstürmenden Pferden in die Nüstern schmeissen, damit sie behindert zu Boden stürzten, wo sie für die Heugabeln, Sensen und Dreschflegeln der Frauen eine gar leichte Beute wären. An der Spitze seines Frauenbataillons zog „Selzenjoggi“ die Kirchstrasse hinauf. In diesem Augenblick bogen die heranbrausenden Husaren um die Wegkrümmung, und ein erster Schuss, der auf die kriegerische Belästigung abgefeuert wurde, streckte den „Selzenjoggi“ nieder. So in den ersten Minuten eines glorreich begonnen Kriegszuges ihres Führers beraubt, ergriffen die Frauen die Flucht, während „Selzenjoggi“ unbeachtet von den Feinden in tiefer Ohnmacht lag.
Man kann sich lebhaft vorstellen, worüber man in Grenchen in den nächsten Tagen sprach: Der „Selzenjoggi“ wurde als Weibergeneral und Franzosenfresser mit Spott und Hohn überhäuft. Und irgendwie trug man ihm nach oder machte es ihm sogar unausgesprochen zum Vorwurf, dass ihn die französische Kugel nicht getötet, sondern nur mit einer fürchterlichen Beule in Ohnmacht versetzt hatte.


Das Freilichttheater Grenchen hatte dem Selzenjoggi 2017 sogar das Freilichtspiel 'Wiiberheer' gewidmet.
siehe hier: Freilichtspiel 'Wiiberheer'


Ich habe also kurzum beschlossen, auch den Selzenjoggi auf den Spieltisch zu bringen. Dank den verschiedensten Kunststoffbausätzen in meinem Sortiment, ist das ja kein Problem.

Und so schielt nun Jakob Rüefli nach über 220 Jahren als Spielfigur aus seinem alten Schaller hervor.

Selzenjoggi mit einem Bewunderer



Eine passende Rüstung hat die Perry-Box für die Söldner um 1500 geliefert. Die Muskete stammt von den Victix-Franzosen und Säbel samt Patronentasche kommt aus einer Warlord-Box des Englischen Bürgerkrieges.






















Die Ausrüstung ist zusammengewürfelt, die Nase schaut aus dem alten Helm. Der Selzenjoggi zieht ins Gefecht. 

Sonntag, 15. April 2018

220 Jahre Neuenegg - Haltet die Brücke!



Schweizer Jura, 22. Februar 1798 - Immer noch an einer Brücke über die Birs der Nähe von Roches



Die Franzosen hatten die Brücke über die Birs eingenommen und einen bescheidenen Brückenkopf gebildet. Nun ging es daran, den Übergang offen zu halten, bis das Gros der Kolonne eintreffen würde. Die Verstärkungen der Berner rückten aber bereits an. Colonel Maissur machte sich bereit, sein Leben und das seiner Männer so teuer wie möglich zu verkaufen um möglichst viel Zeit heraus zu holen. 



Der französische Brückenkopf

Die Franzosen stehen ruhig und entschlossen der flatternden Fahne Berns entgegen



Die zurückweichenden Berner hatten sich in der Zwischenzeit wieder gesammelt und hatten Verstärkung erhalten. So rückten je ein kompletter Zug Füsiliere und Scharfschützen, verstärkt von zwei grossen Haufen Landstürmern gegen den welchen Brückenkopf vor. Die Zeit drängte, sollte die Brücke noch vor dem Eintreffen der grossen Kolonne zerstört werden. Eine weitere Gruppe Landstürmer schlich sich durch den Wald vorwärts um die Franzosen zu flankieren. 


Die wehende Fahne Berns

Landsturm schleicht durch den Wald

Die Kolonne der Berner marschiert heran



Geplänkel am Waldrand



Die Füsiliere bildeten auf dem Feld vor der Brücke eine gestafffelte Linie und eröffneten das Gefecht mit der ersten Salve. Von der Hecke an der Strasse aus deckten die Scharfschützen das Vorstürmen des Landsturms. Schnell mussten die Franzosen die ersten Verluste einstecken. Doch sie hielten stand und feuerten zurück. Die Berner Füsiliere verloren alsbald die Nerven und ihr Leutnant hatte Mühe, seine Leute in Formation zu halten. 



Die Scharfschützen eröffnen das Feuer

Die Berner gehen vor


Die Füsiliere haben sich formiert



Die Franzosen geraten unter Druck


Der Pulverrauch beeinträchtigte die Sicht auf dem Gefechtsfeld immer mehr, ein genaues Zielen war fast nicht mehr möglich. Durch den Rauch brachen die groben Landstürmer und fielen über die gelichteten Reihen der Franzosen her. In blutigem Nahkampf wurden die Invasoren niedergemacht und die Überlebenden wieder in Richtung der Brücke gedrängt. Wieder einmal mehr gelang es dem Colonel selber unter vollem Einsatz die Brücke zu halten. 


Pulverrauch weht über das Schlachtfeld

Wild stürmt der Landsturm vor

Kampf um den Dorfplatz


Das Handgemenge wird erbittert geführt


Die Franzosen wehren sich verzweifelt



Gerade als sich der Landsturm zu einem neuerlichen Angriff anschickte, waren auf der anderen Seite die Trommeln der nachrückenden französischen Kolonne zu vernehmen. Resigniert zogen sich die Berner zurück. Gegen diese französische Übermacht war kein Land mehr zu gewinnen. Der Weg über die Jurahöhen nach Moutier war damit offen. 


Die letzte Stellung der Franzosen







Nur der Colonel und sein Sergeant stehen noch den Bernern entgegen

































Fazit: 


Wieder ein sehr knappes Spiel. 

In diesem Szenario hatten wir uns eine Rundenbegrenzung von 6 Zügen auferlegt. Damit war schnelles Handeln der Berner gefragt. Die Franzosen hatten sich dagegen mit einer Übermacht herumzuschlagen. Zudem hatten wir beschlossen, ab Runde 3 die Sicht durch den Pulverdampf zu beeinträchtigen und das Treffen um 1 zu erschweren. Das legte den Druck noch mehr auf die Nahkämpfe. Die Berner schafften es nicht mehr, in Runde 6 die Brücke zu erreichen.  

Das Spielfeld war dieses Mal richtig voll. Es sah wirklich gut aus und hat trotz der Menge an Figuren gut funktioniert.

Das System hat wiederum gut funktioniert. Mit den Befehlen müssen wir uns noch etwas mehr auseinandersetzen. Diese bieten sicher noch weitere Möglichkeiten.